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Wie zuhause. Sofern dort ein Haubenkoch am Herd steht.

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Fabios © Sarah Krobath

Mit dem sich zuhause Fühlen ist das so eine Sache. Die Problematik fängt schon mit der beliebten Aufforderung „Fühl dich einfach wie zuhause!“ an. Daheim fühl ich mich automatisch zuhause, weil ich es bin. Ich muss also nichts dafür tun. Es mag ja Menschen geben, die auf diese Floskel hin sogleich ungeniert eine Flasche Prosecco aus dem Kühlschrank des Gastgebers holen, sich damit aufs wildfremde Sofa knotzen und mit den Fingern in die Nussschale am Beistelltisch tappen. Ich jedenfalls bin keine von ihnen. Dazu müsste ich schon meine Lieblingskissen und meine guten alten Teelichthalter – ein geschätztes Geburtstagsgeschenk einer Freundin – im Gepäck haben oder zumindest das Sofa an derselben Stelle wie meines von einem Fleck geziert werden. Wenn nun ein Nobel-Italiener am Wiener Tuchlauben beteuert, dass man sich bei ihm „a casa“ fühle, stimmt mich das erwartungsgemäß skeptisch. Wer kann schon behaupten, dass beim Einrichten der eigenen vier Wände ein Büro BEHF seine fachkundigen Finger im Spiel hatte, in der Küche eine dreizehnköpfige Mannschaft steht und im Esszimmer eine Vitrine, in der Prosciutto und Salami von der Decke baumeln.

Bild: © Sarah Krobath

Ab 10. September hat das Fabios, das bereits seit zehn Jahren in der Wiener Gastronomie-Szene daheim ist, nach einer zweimonatigen Umbauphase wieder geöffnet. Neu sind nicht nur Interieur und Konzept des laut Chef Fabio Giacobello „lässigsten Wohnzimmers der Stadt“, sondern auch die Menschen, die hinter Herd und Bar um das Wohl der Gäste bemüht sind. Gemeinsam mit einer Runde aus Bloggern durfte ich schon einmal vorfühlen und die Kreationen von Küchenchef Joachim Gradwohl verkosten.

„Fast bequemer als mein Sofa“, denke ich als ich in dem weichen, grau-lila Sessel an der Tafel Platz nehme. Im Hintergrund läuft eine angenehm zurückhaltende Lounge-Beschallung und das Licht ist so, wie ich es auch in meinem Heim  zum Abendessen einstellen würde, wenn ich einen Dimmer hätte – von der aufwändigen LED-Beleuchtung der Bar mit unterschiedlichen Farbstimmungen ganz zu schweigen.

Bild: © Sarah Krobath

Daran, dass mein Prosecco- und Wasserglas vom Personal immerfort gewissenhaft aufgefüllt werden und der Contrada aus Sangiovese, Merlot und Cabernet Sauvignon in meinem Weinglas nie zu versickern droht, könnte ich mich ebenso gewöhnen wie an die köstliche Brotselektion von Joseph und Kasses, die in einem schlichten Holztablett aufgetragen wird. Ich sehe schon, für meinen Freund brechen schwere Zeiten an. Von mir hingegen fällt gerade jegliche Anspannung ab. Normalerweise finde ich Dinner in solch noblem Rahmen ja eher anstrengend. Zum einen komme ich mir in meinem angemessen schicken Aufzug verkleidet vor und zum anderen sehe ich oft das richtige Besteck vor lauter Tafelsilber nicht. Bereits beim ersten Gang löst sich jedoch jegliche Steifheit in knusprigem Wohlgefallen auf, denn Fabios Popcorn in Rosmarin-Tempura lässt sich leger mit den Fingern verspeisen.

Bild: © Sarah Krobath

Nach dem Pfefferthunfisch auf einem Salatbett aus Sprossen und Gemüse und den al dente gekochten Bucatini mit Rehsugo, Waldpilzen und Petersilienpesto können mich nicht einmal mehr die zarten Vongole und der Oktopus auf Risotto mit gerösteten Artischocken einschüchtern. Der Steinbutt mit schwarzen Nüssen schmeckt so wie er soll und lässt sich am Gaumen auch nicht von der köstlichen Kombination aus Pastinaken und Rum beirren, mit der er daherkommt. Dasselbe gilt für das Vanilleeis zum Dessert, lediglich der Lavendel beim Lavendel-Pfirsich hätte ruhig ein bisschen couragierter sein können.

Bild: © Sarah Krobath

Wie zuhause üblich, setzt sich der Koch nach getaner Arbeit zu seinen Gästen an den Tisch. Auf die Frage, wo er denn am liebsten esse, antwortet Joachim Gradwohl wie aus der Pistole geschossen: „Daham!“. Dort kämen vor allem Gemüse mit Pasta und Reis, seltener Fisch und Fleisch auf den Tisch, erzählt er. Ein Stück Familie hat er an seinen neuen Arbeitsplatz mitgebracht, sein Cousin aus der Buckligen Welt beliefert das Restaurant mit Wild und ein Onkel aus der Steiermark mit Schweinefleisch. Aber auch Vegetarier und Veganer kämen im Fabios auf ihre Kosten, versichert Gradwohl, der bereits unter Eckart Witzigmann im Münchner Aubergine kochte und zuletzt die Küche in Meinl’s Restaurant  führte.

Bild: © Sarah Krobath

Ob Frühstück, Pasta oder ein Salat zu Mittag, Detox Säfte von Fionas Juices für zwischendurch, ein Drink after work an der Bar oder mediterrane Kompositionen an einem besonderen Abend – Möglichkeiten, sich im neuen Fabios einzugewöhnen, bieten sich genügend. Aber Vorsicht: Nicht, dass man vor lauter sich zuhause fühlen am Ende noch vergisst, zu zahlen. Qualität hat eben ihren Preis, beim Nobel-Italiener wie auch im lässigen neuen Fabios.



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